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Kontrolle vs. Vertrauen – Ein Fallbeispiel mit großem Wert für die Praxis

WENN KONTROLLE DIE ENERGIE ABSCHNÜRT

Einer Überhand nehmenden Kontrolle durch die Führungsebene können die wenigsten Menschen etwas Positives abgewinnen. Auch die Bewahrung des Bewährten im beruflichen Alltag, im Sinne von „So haben wir das schon immer gemacht!“, stößt vielen schwer auf. Kombiniert man diese zwei Faktoren, können sie wie ein Korsett die Energie eines Teams abschnüren. Die Gefahr für unnötige Fluktuation oder zumindest innere Kündigung sind enorm.

In diesem Beitrag wollen wir uns genau ansehen, was in uns vorgeht wenn dieses Korsett angelegt ist und  auch, wie dies zu verhindern gelingt.

Super-Team mit Bremsklotz

Oben sehen Sie eine anonymisierte Seite des Human Gravity Reports eines konkreten Teams. Der Report ist insgesamt sehr positiv. Das Team verfügt über eine hohe Effektiv-Energie von 85%! Dies bedeutet, dass der größte Teil ihrer Energie in Leistung und Entwicklung fließen, relativ wenig durch Fehlpassung verloren geht. Die Team-Passung beträgt überhaupt gewaltige 95%! Einem echten WIR-Gefühl und Team-Spirit steht hier scheinbar nichts im Wege. Doch die Passung der Arbeitsweise, wenngleich immer noch okay, hinkt deutlich hinterher. Ein solches Hinterherhinken sollte man sich, selbst, wenn es keine Signalfarbe hat, genau ansehen. Kleine Ursachen können sich zu großen Problemen auswachsen. Manchmal ist es tatsächlich nur eine Mücke, die wir jedoch Kraft unseres Denkapparates zu einem ausgewachsenen Emotions- und Belastungselefanten aufblasen. Human Gravity ist ja gerade dafür da, die Probleme sichtbar zu machen, bevor sie spürbar werden.

Das immense Potential solcher Spitzenteams wird immer wieder durch einzelne Fehlpassungen massiv eingebremst. Diese Bremsfaktoren wirken, wie wenn im Getriebe kleine Steinchen stecken, die durch bisherige Recruting-Instrumente leider nicht sichtbar gemacht werden.

Ein häufiges Steinchen ist genau dieser Spagat zwischen Kontrolle und Vertrauen. Dabei bilden sich Mitarbeiter nicht ein, niemand dürfe ihre Arbeit kontrollieren. Es gibt Teams, von denen stärkere Kontrolle sogar gewünscht wird – teilweise bei jungen, unsicheren Teams, ungewohnten Aufgaben, bei der Beschreitung neuer Märkte ohne Erfahrung, usw. Natürlich spielt auch die Persönlichkeits-Basisdisposition eine große Rolle. Wichtig ist, zu wissen, was das Team braucht und wie es die aktuelle Situation wahrnimmt. Denn allein die Abweichung dieser Zustände bringt die Stimmung und Belastung hervor.

Zu starke Kontrolle

Mit der Kontrolle verhält es sich genau so, wie  überall sonst. Die Dosis macht das Gift. Überbordende Kontrolle greift unseren Selbstwert an. „Warum wird mir ständig auf die Finger geschaut?“ 

Es wird als Misstrauen wahrgenommen und löst damit rasch Defensivmechanismen und Unzufriedenheit aus. Im Blog über „Wertschätzung“ wird erklärt, warum der Selbstwert so unfassbar wichtig ist. Die gefühlte Bevormundung, ebenso wie die dadurch eingeschränkte Möglichkeit sich frei zu entwickeln, sind veritable Störfaktoren für unser Innenleben. 

Das oben gezeigte Team fordert mehr Vertrauen von seiner Führung. 

Meist ist damit gemeint, dass dem Team Entscheidungsräume in seinem täglichen Tun zugestanden werden sollen. Das Team möchte, dass die Führungskraft Gestaltungsraum lässt, um auch mal etwas ausprobieren zu können, ohne gleich wieder zurückgepfiffen zu werden, wenn der Erfolg nicht garantiert werden kann. Viele Menschen wollen einfach hin und wieder etwas ausprobieren können. Das Lernen über “Versuch und Irrtum” ist schließlich noch immer die einprägsamste Form des Lernens. Dafür braucht man jedoch die Gelegenheit selbst den Irrtum zu erkennen. Viele MA machen nachgewiesener Weise deutlich mehr Fehler, wenn ihnen jemand häufig “über die Schulter” blickt. Enge Kontrolle macht unsicher, Unsicherheit führt zu problemorientierten Denken – “Jetzt bloß nichts falsch machen!” Wer über Fehler nachdenkt, ist am besten Wege diese Fehler zu machen. Ebenso lenkt das Nachdenken über das “Kontrolliert-werden” einen Teil unserer Aufmerksamkeit von der wirklichen Aufgabe weg. So steht weniger Konzentration für die eigentliche Arbeit zur Verfügung. 

Je enger kontrolliert wird und je stärker der Beigeschmack des Misstrauens anhängt, umso schneller entsteht eine Kontroll-Atmosphäre, mit all ihren negativen Auswirkungen.

Kontroll-Atmosphäre

Meinen wir, übertrieben kontrolliert zu werden, entsteht oft eine Wahrnehmungsverzerrung. Wir nehmen dann fast alles, was die Führungskraft tut, als Akt der Kontrolle wahr. Zum Beispiel hat eine Führungsperson, die über einen längeren Zeitraum hinweg häufig in Besprechungen war, die eigene Tür zum Bürogang wieder öfter offen. Sie wollte damit signalisieren, dass alle Teammitglieder zu ihr kommen können und, dass sie jetzt für ihr Team wieder häufig verfügbar ist. Dies ist eine gängige Maßnahme und daher keineswegs ungewöhnlich.

Diese Führungskraft hatte jedoch bereits den Ruf einer gewissen Kontrollsucht. Nun empfanden die Mitarbeitenden die offene Tür als eine Möglichkeit für die Führungskraft stets zu hören, wann sie lachten und Spaß hatten. Sie wagten es nicht mehr sich zwischendurch locker und ungezwungen auszutauschen. Sie fühlten sich, als würde ihnen die Luft abgeschnürt, als dürften sie in der Arbeit keine Freude empfinden und schon gar nicht äußern. Sie haben angenommen, sie sollen einfach nur still vor sich hin arbeiten. Wer diese Führungskraft jedoch kennt, weiß genau, dass die Idee, sie habe etwas gegen Humor zwischendurch, vollkommen absurd ist. Durch dieses simple Missverständnis standen nach nur wenigen Monaten einige Leute tatsächlich knapp vor der Kündigung.

Wir müssen uns das bewusst machen. Es gibt – und zwar nicht selten – Kündigungen, deren Gründe reine Missverständnisse sind, reine Gedankenkonstrukte, die teilweise diametral zur Wirklichkeit (die nämlich sogar gut passend würde) stehen.

Führung, die es ganz genau nimmt

Besonders Menschen mit einer hohen Detailverliebtheit werden in der Führungsrolle oft zu „Kontrolleties“. Sie wollen alles sehr genau haben. Und sie haben den Hang, dass andere Menschen die Dinge auf die gleiche Weise erledigen müssen wie sie selbst es tun, damit es auch wirklich passt. Oftmals erledigen sie die Aufgaben lieber gleich selbst, als sie jemand anderem zu erklären und zu überantworten. Erledigen die MA ihre Aufgaben dennoch auf ihre eigene Art und Weise, entstehen aus Sicht der Führungskraft oft vermeintliche „Fehler“, selbst dann, wenn es einfach nur ein anderer Weg war, auf dem das gleiche Ziel erreicht wurde.

Wichtig wäre für die Führungskraft, gegenüber ihrem Team klar zu stellen, dass sie selbst eben diese Veranlagung hat, in Zukunft versuchen will, mehr Freiräume zu geben und genau auf ihre Reaktion achtet, wenn doch Fehler vorkommen. Solange aus diesen Fehlern gelernt wird und sie sich nicht zu häufig wiederholen, ist in aller Regel alles gut. Entscheidend dabei  ist, sich nicht der Vorstellung hinzugeben, dass der eigene Weg, der einzig richtige sei.

Die Bewahrung von Bewährtem - *Würg*

In vorliegendem Fall haben wir ein ausgesprochen engagiertes Team. Es gibt einige neue Teammitglieder und viele Ideen, gepaart mit einer recht starken Werteorientierung. In der Organisation werden jedoch der Einsatz von Methoden, die in der Vergangenheit nützlich waren, um die Hauptziele zu erreichen, seit einigen Jahren auch zur Erreichung von Subzielen verlangt. Es gibt klare Angaben, wie häufig die einzelnen Methoden genutzt werden sollen. Hier bleibt wenig Spielraum für die Anwendung eigener Methoden. Dadurch haben die Mitarbeitenden oft das Gefühl, sinnlos agieren zu müssen.

Das Team ist nämlich der Ansicht, dass der Einsatz aller Methoden nicht immer Sinn macht, da der Markt, die Umfeldbedingungen, usw. sich laufend ändern – so wie man die Blumen im Garten nicht gießen wird, wenn es aktuell ohnehin laufend regnet. Sie wollen Methoden lieber nach aktueller Sinnhaftigkeit einsetzen und nicht, um eine Quote zu erfüllen. Für sie zählen die Hauptziele. Diese sind übrigens als einzige Ziele für das Unternehmen tatsächlich von wirtschaftlicher Bedeutung. Die Einforderung der Quoten bei den Methoden wird deshalb von den MA so empfunden, dass man ihnen nicht zutraut, sich selbst für die richtigen Methoden entscheiden bzw. die Hauptziele nicht wichtig genug zu nehmen.  

Im Human Gravity-Workshop kam das Thema sehr stark zum Vorschein. Sie fühlen sich eingeschnürt und überfordert. Sie müssen viele Aufgaben erledigen und dokumentieren, in denen sie keinen Sinn sehen. Das kostet sie viel Zeit, in der sie lieber Wirkungsvolles machen würden. Sie verstehen natürlich, dass die Führungskraft aufgrund der Erwartungen der übernächsten Führungsstufe die Erreichung der Subziele einfordern muss. Die Problematik umfasst deshalb mehrere Ebenen – genauso muss das entsprechend für die Lösung gelten.

Was anfangs gut gemeint war, nämlich den Teams verschiedene Möglichkeiten aufzuzeigen, um etwas für ihre Hauptziele zu bewegen, drehte sich ins komplette Gegenteil. Die Methoden anzuwenden wurde mehr zum Selbstzweck. Als würde man mit dem Rad wohin fahren wollen und man kommt drauf, dass es hilfreich ist in die Pedale zu treten. Irgendwann achtet man nur mehr darauf ordentlich in die Pedale zu treten, ohne großartig darauf zu achten, wohin man fährt.

Dass es hier Belastung und enormen Energieverlust gibt, wurde im Chart und im Gespräch mit den betroffenen Menschen in dramatischer Weise deutlich. Andere Teams wiederum nahmen die Vorgaben gerne an, da sie selbst nicht so viel ausprobieren wollen. In diesen Teams war das Gefühl des Eingeschnürtseins und der Überforderung, also der Schmerz insgesamt entsprechend kleiner.

 

Problem > Lösung: Ein Schritt

Nach dem Workshop gab es ein kurzes Gespräch mit der Führungskraft, die durchaus Verständnis für die Problematik hatte. Das Ausmaß und die genaue Art der Belastung war ihr bis dahin jedoch unbekannt. Sie wird ebenso über die Zahlen gemessen und ist von der programmatischen Vorgabe hinsichtlich der Anwendung der Methoden genauso genervt wie ihr Team. Dieser Umstand war ihrem Team  wiederum nicht in diesem Ausmaß klar. Auch wenn diese Führungskraft die gleiche Sichtweise auf die Haupt- und Subziele hat wie das Team, muss sie sich dennoch nach oben mit quantitativen Erfolgen rechtfertigen. 

Sie selbst ist jedoch ebenfalls davon überzeugt, dass der sinnvolle Einsatz der Methoden das Erreichen der Hauptziele massiv begünstigt. Sie wird daher ihren Mitarbeitenden für ein halbes Jahr freie Hand lassen. Sollte es klare positive Effekte geben, würde man die größere Freiheit sicher auch auf andere Teams, die ähnlich „ticken“, ausweiten und für dieses Team festigen können. Stellt sich kein Erfolg ein, was in diesem Fall höchst unwahrscheinlich ist, trägt die Führungskraft allein die Verantwortung.

In einem gemeinsamen Workshop wurde fixiert, dass das Team im nächsten Halbjahr ausschließlich an den Hauptzielen gemessen wird. Es wird nicht auf die Methodik (Subziele) geachtet, es sei denn, das Team selbst stellt fest, dass es bei den Hauptzielen nicht auf Kurs ist und bittet um eine genauere Analyse. 

Darüber hinaus wurde die Wahrnehmung zum Thema “Kontrollsucht” der Führungskraft komplett aufgelöst. Schon im nächsten Durchlauf mit Human Gravity hatte sich das Kontroll-Thema komplett aufgelöst. Die MA waren ungleich positiver in Richtung der Führungskraft eingestellt.

Das Team ist hochmotiviert, besonders gute Zahlen zu erreichen, um das Vertrauen, das die Führungskraft hier zeigt, zu rechtfertigen. Da dieses Team vor dem Workshop keine Besserung der Situation erwarteten, waren alle geradezu positiv schockiert. Besonders freute die Teammitglieder das Verständnis für ihre Situation und das Vertrauen, das ihnen ausgesprochen wurde. Zudem freut sich das Team, nun in jener Weise agieren zu können, die es selbst als sinnvoll und wirkungsstark einstuft.

Hier noch ein Blick auf die Seite des HG-Reports, der die Art des Umgangs miteinander, also eine der wesentlichen Aspekte der Team-DNA, wiedergibt. Hier sehen wir, wie gut die Leute zusammenpassen, wodurch es praktisch keine Missverständnisse und Reibungsverluste im Alltag gibt. 

Auch hier macht die Führungskraft alles richtig. Natürlich werden im Team verschiedene Sichtweisen hinsichtlich Taktiken und Inhalte diskutiert. Verschiedene Erfahrungen und Ausbildungen sind im Team ausreichend vorhanden. Die Diskussionen sind auf Grund der guten WIR-Dynamik jedoch konstruktiv und sehr effektiv

Hier zeigt sich schon der positive Effekt einer guten Rekrutierungs- und Teambildungs-Kompetenz, die diese Führungskraft in jedem Fall auf sehr hohem Niveau besitzt. 

Wir sind überzeugt, dass hier ein Super-Team entsteht, das in seinem Bereich mit viel Freude und Elan neue Maßstäbe setzen wird. Die große Belastung, die hier im Team steckte, konnte mit neuer Klarheit und offener Kommunikation sehr rasch und massiv reduziert werden. Führungskraft und Mitarbeitende verstehen einander noch besser und können die hier aufgezeigten und behandelten Punkte in Zukunft selbstständig konstruktiv und offen besprechen. 

Wir wünschen dabei alles Gute!

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